außen, von tief innen
2015

für
Flöte (Fl/ Bassfl), Klarinette (Klar/ Kontrabass-Klar) und Violoncello


 
 
 
 

Beatrix Wagner über "außen, von tief innen":

"In verschiedenen Texten und Gesprächen hat der Komponist Gerald Eckert immer wieder auf die Bedeutung von "Rändern" als "Restklangflächen" bzw. sich auflösenden "Zustandsfeldern" von Ereignissen hingewiesen. Sein Hauptaugenmerk liegt dementsprechend oft nicht auf einem zentralen, auslösenden Ereignis, einem Zentrum des Geschehens, sondern auf dem, was durch dieses Ereignis ausgelöst wurde und wie sich die Folgen daraus weiter entwickeln. Er richtet also den Blick auf das, was ein Impuls nach sich zieht. Dies kann eine resultierende Resonanz im weitesten Sinne sein, z. B. eine Raumverteilung, eine Raum-Klang-Wanderung, ein Übergang von einem zu einem anderen Ereignis oder Instrument, eine Modulation oder eine Transformation. Immer jedoch treten in der Resonanzklangspur auch die Eigenschaften des auslösenden Impulses auf bis hin zu einem "noch", oder "schon nicht mehr". All dies betrachtet Gerald Eckert wie unter einer Lupe, fährt - bildlich gesprochen - mit einem Zoom ganz nah heran und beobachtet mikroskopisch genau.
Jörg Meyer schreibt über diesen Verfahrensaspekt in Gerald Eckerts Musik: 'So entstehen durch einen Komplexitätszuwachs über die Extreme in den verschiedenen Parametern hinaus Verdichtungen gerade in der Verdünnung, wird der Raum vom Klang überformt und neu strukturiert. Und umgekehrt scheinen sich Strukturen aufzulösen, indem sie brüchig und - vor allem - augenblicklich werden. Vergleiche zur neuesten Teilchenphysik drängen sich auf, wo Teilchen und ihre Eigenschaften (Parameter) vor allem durch die Dauer ihrer (scheinbaren) Existenz in der "Raumzeit" der Möglichkeiten charakterisiert sind'.
Am offensichtlichsten tritt dieses Verfahren vielleicht im dritten Stück der vorliegenden CD "absence" zutage, wo bereits der Titel im Anklang darauf verweist: "außen, von tief innen". Das Werk besticht durch seine durchweg subtile, leise Klangstruktur, die damit erst die angestrebte Differenzierung möglich macht. Diese entsteht durch die Feinzeichnung von Multiphonen in Bassflöte und Kontrabassklarinette ebenso wie durch die klangliche Ausdifferenzierung im Violoncello. Diese drei Schichten erzeugen ein Ausdrucksspektrum, das in seinem Verlauf immer wieder auch an eine zusätzliche elektroakustische Ebene denken lässt. Alle Klangspektren werden jedoch stets rein instrumental erzeugt.
Die Feinheit der einzelnen, für sich stehenden Momente machen das Erkennen eines großen formalen Zusammenhangs nicht leicht. Dies ist in "außen, von tief innen" vielleicht aber auch gar nicht wirklich relevant, speisen sich die energetischen Momente doch aus einzelnen Augenblicken und deren spezifischer klanglicher "Stofflichkeit", die sich von fast transzendenten Zuständen und Prozessen bis hin zu körperhaften Anmutungen bewegen. ...